Ist ein Schwimm-Wettkampf unter strengen Hygienemaßnahmen möglich und kann so ein Wettbewerb überhaupt Freude machen, zumal über 500 Starter gemeldet sind?
Diese Frage stellte ich mir schon vor geraumer Zeit und beantwortete sie mit einem klaren NEIN!
So stand ich innerhalb des Lockdowns relativ gelassen vor den geschlossenen Schwimmbädern und drehte meine einsamen Runden in Laufschuhen. Als der Startschuss für die Slots auf die Schwimmbahnen fiel, hielt ich mich ebenfalls zurück, um dem Mehr an Schwimmwütigen zu entgehen.
Alsbald zog ich meinen GA1-Schwimmplan aus der untersten Schublade und startete mit kleinen Einheiten.
An einen Wettstreit verlor ich keinen Gedanken, bis zu dem Zeitpunkt als ich mich mit einer Langstreckenschwimmerin unterhielt und sie mir versicherte, dass es leicht möglich sei das Schwimmen abzuhalten. Die Augen weiteten sich und der Herzschlag leistete plötzlich die doppelte Arbeit.
Ich muss mein Training an die Möglichkeit anpassen!
Ich sollte schauen, dass ich zumindest die Strecke von 4km im Schwimmbad schaffe, springe drei bis vier Mal die Woche ins Stadion-Bad und ziehe meine Bahnen mit den typischen Technikübungen. Es sind noch zwei Wochen bis zum Start, und meine Schulter schmerzt bei jedem Zug. (Ich würde sagen: Typischer Anfänger-Fehler, zu schnell, zu viel . . . ). Der Termin beim Osteopathen bringt mich der Zimmerdecke etwas näher, verspricht aber am zweiten Tag Linderung, den Rest macht der selbst auferlegte Trainings-Stopp.
Morgen ist es so weit. Die Unsicherheit ist groß. Corona, Trainingsrückstand, lädierte Schulter und ein Terrain (Open Water) das ich so nicht kenne!
Ich packe meine Sachen, mit dem Wissen, dass ich mir auch einen schönen Tag am See ohne Sport machen kann.
Der Wecker unterbricht meinen Schlaf um 4 Uhr schlagartig. Ab ins Bad. Kaffee. Müsli. Tasche geschnappt. Auf die Autobahn. Nach knapp zwei Stunden erreiche ich den See, über dem noch einige Nebelschwaden hängen und die Berge nur leicht durchschimmern lassen. Die Badekappe und der Transponder werden mir gereicht. Langsam füllt sich die großräumige Liegewiese mit den anderen Schwimmern*innen.
Wir werden auf vier großräumigen Wiesen aufgeteilt, so dass die Abstandsregeln leicht erfüllt sind.
Und schon geht es los. Alle 3 Sekunden verlässt ein Schwimmer das feste Land und stürzt sich in den 24°C warmen See. Die Anspannung steigt! Hält die Schulter, wie ist es mitten auf dem See, ohne rettendes Ufer in Griffweite? Schon bin ich dran, 2-1-ab! Nach 15 großen Schritten, der Hechtsprung, schon setzen sich meine Arme eigenständig in Bewegung, die Wendemarke sehe ich nur schemenhaft.
Nach gut 1000m merke ich, dass sich der Transponder vom Fuß gelöst hat. Der Alptraum jedes Sportlers (schon beim Anlegen schien mir der Klebestreifen nicht koscher zu sein). Schwimme 5m zurück und stecke den Chip in den Neo. Nichts wie weiter und noch die ein oder den anderen Schwimmer einsammeln. Der Steg am Wendepunkt Leoni ist erreicht. Mit zügigen Schritten die 5m auf den Planken entlang und wieder zurück Richtung Ziel unterhalb von Possenhofen. Hier ist die Orientierung recht müßig und der ausgemachte Zielbogen entpuppt sich bald als abgestorbener Baum. Im Schwimmen visiere ich das ausgespähte Ziel neu an. Die Schulter hält. Arme und Beine erweisen mir gute Dienste. Geschätzte 50m vor dem Ziel sind noch eine Hand voll Schwimmer kurz vor mir. Ich setze zum Endspurt an. Die nicht endenden 50m werden zu sehr, sehr langen 300m und das einströmende Laktat möchte den Muskel hemmen. Jetzt ist der Kopf gefragt. Und . . ., klar habe ich die noch bekommen, „eine meiner kleinsten Übungen!“, scherze ich mit mir selbst.
Eine top durchgeführte Veranstaltung, unter erschwerten Bedingungen, verlangt nach mehr!
Ich bin froh über meinen Schatten gesprungen zu sein und als Rookie ein (für mich) sehr gutes Ergebnis eingeschwommen zu haben. Und vielleicht stehe ich beim nächsten mal mit ein paar tkn´lern mit am Start.
Text: Georg Janßen
Foto: larasch.eu
01.08.2020